Dieser Artikel ist erschienen in: Stern 31/1999. © Katja Schmid
Was macht eigentlich... LEE HAZLEWOOD?

Der schnauzbärtige Brummbär und Duett-Partner von Nancy Sinatra zauberte in den Sechzigern Hits wie 'These Boots Are Made For Walkin'', 'Summer Wine' und 'Some Velvet Morning' aus dem Cowboyhut.


STERN: Wie fühlt man sich mit 70, Mr. Hazlewood?

HAZLEWOOD: Bestens. Ich habe zu meinem Geburtstag zwei Konzerte gegeben, eins in Stockholm, eins in London, es waren meine ersten Solo-Auftritte seit 25 Jahren. Das Publikum war Eins plus, einfach unglaublich.

STERN: Vor allem bei Frauen scheint ihre Beliebtheit ungebrochen, die Mädchen in London kreischten.

HAZLEWOOD: Auch Großväter brauchen Liebe.

STERN: Anfang der Siebziger tauchten Sie in Schweden unter, später verlor sich Ihre Spur in Spanien, zwei Jahrzehnte galten Sie als verschollen.

HAZLEWOOD: Ich konnte einfach kein Studio mehr sehen. Ich war müde. 20 Jahre hatte ich nahezu ununterbrochen in Aufnahmestudios zugebracht. Bis ich irgendwann klaustrophobisch wurde.

STERN: Die Legende erzählt, Frank Sinatra hätte Ihnen mit der Mafia gedroht ...

HAZLEWOOD: ... weil Nancy dank meiner Songs größer zu werden drohte als er? Kompletter Unfug.

STERN: Haben Sie noch Kontakt zu Nancy Sinatra?

HAZLEWOOD: Um das auch ein für allemal zu klären: Da war nie was. Unsere Beziehung war völlig platonisch und, sagen wir, professionell-freundschaftlicher Natur. Heute ist der Kontakt eher sporadisch. Vor zwei Jahren waren wir immerhin noch mal zusammen auf Tour.

STERN: Ist Musik eine gute Methode, um an Frauen ranzukommen?

HAZLEWOOD: Als ich jünger war, schadete es nicht. Aber ich bin jetzt schon seit Jahren mit derselben Frau zusammen und ein glücklicher alter Mann.

STERN: Haben alle in Ihrer Familie diese Stimme?

HAZLEWOOD: Mein Vater hatte sie, der kam sogar noch eine Oktave tiefer. Mein Sohn hat sie, ebenso mein 18jähriger Enkel. Wegen meiner merkwürdigen Stimme fühlte ich mich im übrigen immer zu Cellos hingezogen. Ich wünschte, ich könnte singen wie ein Cello.

STERN: Kürzlich brachten Sie ein Album mit eigenwilligen Interpretationen von Standards wie 'Makin' Whoopee' heraus. Haben Sie nicht noch ein paar eigene Songs in der Schublade?

HAZLEWOOD: All die Jahre, in denen die Welt dachte, ich sei tot, habe ich Songs geschrieben. Meine Freunde in Nashville sagen immer: Wenn du einen guten Song brauchst, sieh zu, daß du an Lee Hazlewoods Papierkorb rankommst - er schmeißt mehr Songs weg, als er jemals schreibt.

STERN: Was würden Sie einem jungen Künstler raten?

HAZLEWOOD: Werde Arzt oder Anwalt! Laß die Finger vom Musikgeschäft. Alles Gauner und Betrüger. Und nur wer viel Glück hat, kommt durch. Oder ein guter Geschäftsmann ist wie ich. Mich hat keiner auch nur um einen Pfennig betrogen.

STERN: Ihre alten Platten werden zu Unsummen gehandelt.

HAZLEWOOD: Klar. Echte Fans wollen das verdammte Original und keine Kopie.

STERN: Vor allem im Zuge der Easy-Listening-Welle begann der Hazlewood-Kult wieder aufzublühen.

HAZLEWOOD: Korrekte Geschichte. Mir scheint, als entdeckte diese Generation endlich, daß es auch jenseits des Rock'n'Roll eine Musik gibt, die über Schönheit, Würde und ein gewisses Subversionspotential verfügt.

STERN: Wo leben Sie im Moment?

HAZLEWOOD: In Florida. Ich wollte meine Enkelkinder kennenlernen. Aber ich wohne nie länger als ein Jahr an einem Ort. Meine Frau Jeannie packt gerade schon wieder unsere Sachen, und Ende August werden wir nach Irland aufbrechen.

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